Stadtarchiv Nastätten

...im Nastätter Bürgerhaus

Die Geschichte der „Alten Post“

Die Geschichte der „Alten Post“

Quelle: Stadtarchiv 2020

Die Geschichte dieses Anwesens war aufs engste verbunden mit der Familiengeschichte der Reckens, einer seit dem Ende des 30-jährigen Krieges in Nastätten nachzuweisenden und hier erst 1960 ausgestorbenen Familie. Die Landgrafen von Hessen-Rothenburg-Rheinfels gaben ihren Mannen und Burgmannen Recken den im Kriege vakant gewordenen, abgabenfreien „Ottohof" in Erbleihe. Damals war der Flecken Schnittpunkt wichtiger Handelsstraßen.
1663 ließ Landgraf Ernst im Flecken Nastätten eine private Poststation einrichten, die ab 1723 bestallt war und in der Pferdewechsel vorgenommen wurden. Er vertraute die Posthalterei den Reckens an. Aus der landgräflichen Privatpost wurde später eine kaiserliche Posthalterei der Fürsten von Thurn & Taxis und Nicolaus Recken kaiserlicher Posthalter. Die Familie des kaiserlichen Posthalters Recken genoss für ihr Amt mehrere Privilegien, unter anderem hatte sie auch das Recht, sich zum katholischen Glauben zu bekennen, während alle übrigen Einwohner der Stadt lutherisch oder reformiert waren. Nastätten lag an der 1704 eingerichteten Poststrecke Düsseldorf - Frankfurt/ Main – Darmstadt. Wo einst die Postillione und reisenden Rast machten und Einkehr hielten, wo Pferde und Kutschen untergestellt und Briefschaften und andere Sendungen der kaiserlichen Post mehrmals in der Woche ausgetauscht und ausgeliefert oder zum Rhein und Taunus hin umgeladen und weiterbefördert wurden.
Urkundlich weiß man mehr über den 1678 in Nastätten geborenen Nicolaus Recken, der auch hessischer Hofkammerrat und Oberschultheiß war. Seine Witwe ließ 1736 ein neues Gutshaus für den Ottohof bauen. Die Poststation wurde später zum Hotel „Zur alten Post". 1781 hatte die „Alte Post“ in seinem Hause den deutschen Kaiser Joseph II zu Gast, 1803 Karl XIV Johann Bernadotte der König von Schweden und 1815 Napoleons Schwester Karoline, Königin von Neapel.
Sohn Franz Josephus Recken (1766 bis 1819) wurde ebenfalls Jurist und Posthalter, zugleich aber auch Großlandwirt und Gastwirt. In seiner Zeit wurde der Gutshof 1794 erweitert und verfügte nun über eine eigene Brauerei und Brennerei. Hierzu gehörte auch ein großer Bierkeller im nahen Berghang (dieser diente 1944/45 als Luftschutzkeller). 1781 hatte die „Alte Post“ die Ehre, in seinem Hause den deutschen Kaiser Joseph II. als Übernachtungsgast zu beherbergen.
Der Sohn Franz Bernhard Recken studierte in Wien Jura und übernahm alle Ämter und Titel des Vaters. Aus gesundheitlichen Gründen gab er die Posthalterei kurz vor seinem Tod an den damaligen Amts-Apotheker Seris Bertrand ab. Den Hof und das Hotel übernahm Hermann Joseph Baptist Recken, der nach Auflösung der Erbleihe durch die Preußen im Jahre 1869 durch Zahlung einer Ablösesumme Volleigentümer des Ottohofes wurde.
Von nun an ging es abwärts, denn jetzt war der große Besitz der „nassauischen Erbteilung” unterworfen, die viele stattliche Höfe zerstückelte. Letzter Spross der Familie im Hotel „Zur alten Post" war bis zu seinem Tod 1960 der kinderlos gebliebene Eduard Recken.
Als der Gastronom Karl Meissner das Anwesen erwarb, steckte er noch voller Unternehmungsgeist. Doch ständige hohe Renovierungskosten überstiegen seine finanziellen Möglichkeiten und es blieb 1970 schließlich nur der Verkauf auf Abriss an die Volksbank Nastätten. Diese ließ das Gebäude 1972 abreißen und errichtete auf dem Gelände ihr neues Geschäftsgebäude.

Postkarte - Sammlung Stadtarchiv
Zeitungsanzeige 1931 - Sammlung Stadtarchiv