Gedenken zum Volkstrauertag


Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wir haben uns heute hier am Denkmal in Nastätten versammelt, um der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft zu gedenken. Der Volkstrauertag ist ein Tag der Trauer – aber auch ein Tag der Verantwortung. Er führt uns vor Augen, welchen unermesslichen Preis Menschen für Krieg, Hass und Ideologien gezahlt haben.

Wir denken an die Millionen Männer, Frauen und Kinder, die in den beiden Weltkriegen und in vielen anderen Konflikten ihr Leben verloren haben. Wir denken an Soldaten, die fern der Heimat starben, an Zivilistinnen und Zivilisten, an Menschen, die verfolgt, verschleppt und ermordet wurden – weil sie einer anderen Religion, einer anderen Herkunft oder einer anderen politischen Überzeugung angehörten.

Doch wir blicken heute nicht nur auf die große Weltgeschichte, sondern ganz bewusst auch auf unsere Heimat.

Auch Nastätten hat seine Toten zu beklagen. Ihre Namen sind auf den Tafeln und Steinen unseres Ehrenmals festgehalten. Sie stammen aus unseren Straßen, aus unseren Familien. Sie gingen in den Krieg, und viele von ihnen kamen nicht zurück.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge verzeichnet allein für Nastätten im Ersten Weltkrieg dreizehn Gefallene, die auf Kriegsgräberstätten in Rheinland-Pfalz ruhen. Hinzu kommen die Toten des Zweiten Weltkrieges und der umliegenden Gemeinden, deren Namen wir in unseren Orten finden.

Hinter jeder dieser Zahlen steht ein Mensch mit einem Gesicht, einer Geschichte, mit Hoffnungen und Plänen – ein Sohn oder eine Tochter, ein Vater, eine Mutter, ein Freund, eine Schwester. Was für uns „Vergangenheit“ ist, bedeutete für ihre Angehörigen lebenslange Trauer, Stille am Abendbrottisch, eine Lücke in der Familie, die nie wieder gefüllt werden konnte.

Wir erinnern heute auch an jene, die in der Zeit des Nationalsozialismus entrechtet, vertrieben und ermordet wurden. Der jüdische Friedhof hier in Nastätten zeugt bis heute von einer zerstörten Welt: Viele Grabsteine wurden in der NS-Zeit entfernt, nur ein Teil ist erhalten geblieben.  Auch diese Spuren sind Teil unserer Erinnerung am Volkstrauertag.

Der Volkstrauertag ist aber mehr als ein Blick zurück. Er ist eine Mahnung an uns heute. In Europa tobt wieder Krieg, Menschen verlieren ihr Leben, werden verletzt, müssen ihre Heimat verlassen. Weltweit leiden viele unter Gewalt, Terror und Diktatur. Das zeigt uns: Frieden ist kein Zustand, den man einmal erreicht und dann für immer besitzt. Frieden ist eine tägliche Aufgabe.

Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir hier in Nastätten zusammenkommen – Jung und Alt, Alteingesessene und Zugezogene, Menschen mit unterschiedlichen Lebenswegen. Wir zeigen: Wir vergessen die Opfer nicht. Und wir zeigen: Wir wollen unsere Zukunft nicht dem Hass und der Gewalt überlassen.

Gedenken heißt auch, Verantwortung zu übernehmen:

  • Verantwortung dafür, wie wir miteinander sprechen.
  • Verantwortung dafür, wie wir über andere Menschen urteilen.
  • Verantwortung dafür, ob wir wegschauen oder widersprechen, wenn Ausgrenzung, Antisemitismus, Rassismus oder Verachtung laut werden.

Die Toten schweigen. Aber ihr Schicksal spricht zu uns. Es sagt uns:

„Lasst es nie wieder so weit kommen. Haltet Frieden. Achtet die Würde jedes einzelnen Menschen.“

Wenn wir gleich am Denkmal den Kranz niederlegen, dann tun wir das in tiefem Respekt vor den Opfern. Der Kranz steht für unsere Trauer – aber er ist auch ein Zeichen der Hoffnung: Hoffnung, dass wir aus der Geschichte lernen. Hoffnung, dass unsere Kinder und Enkel in einem Europa aufwachsen, in dem Konflikte nicht mit Waffen, sondern mit Worten gelöst werden.

Ich lade Sie nun ein, gemeinsam der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft zu gedenken – der vielen Millionen in der Welt und der Menschen aus Nastätten und unserer Region, deren Namen hier am Ehrenmal festgehalten sind.

Lassen Sie uns einen Moment in Stille innehalten.

Lassen Sie uns im Stillen „Danke“ sagen – für Frieden, den wir heute genießen dürfen.

Und lassen Sie uns zugleich versprechen: Wir stehen ein für Menschlichkeit, für Demokratie und für ein friedliches Miteinander – hier in Nastätten, in Deutschland und in Europa.

Ihr Marco Ludwig
Stadtbürgermeister